Mit Beiträgen zu Dirk Zache, Alessandro Chiodo, Salvo Rivolo, Caterina Fondelli, DOTS-Ausstellungsraum, In Transit, (no) strings attached, Angelica Consoli, Arianna Palmieri, Statements in Blue+Yellow & White+Red, Marcus Centmayer, Rita Lazzaro, Lazzaro Ricciardi, Simone Meneghello, Massimo Fergnani
Umschlagbild Schwarz. Rot. Gelb. Sanft. Zart. Spielerisch von Alessandro Chiodo, 2023.
Alessandro Chiodo, Blumen des Krieges – Das Auge der Welt
Text von Nora Wessel, Auszug:
Wie gelangt man in unserer Gegenwartszone als sogenannte multiple Krise zu einer Sinngebung unserer Zeit? Ein Versuch der Ansprache, Ordnung zu schaffen, Zustände darzustellen, die der Krieg hervorgerufen hat, und die Folgen des Krieges als Zustände, führen die Kunst zu einer Bannung, deren Perspektivwechsel vielleicht so etwas wie Hoffnung für das Menschliche generieren können.
Im Sinne eines von Alessandro Chiodo postulierten Stile des Denkens jenseits eines ästhetischen Konzeptes führt ihn seine stetige kreative Ausgangslage der Unsicherheit, der Verwüstung, des Unbekannten, des Ungeahnten zu den Blumen des Krieges, die erschreckend immediat das Ringen um ein Glätten, um ein das Gute darin sehen, in den Fratzen des Menschtums zeigen. Jeder künstlerische Prozess als Neubeginn im Ganzen ermöglicht die Unmittelbarkeit, die sich in den Tuschezeichnungen wie Postulate des Krieges einschreibt.
(…) Durch das Gewucher, ein Dschungel aus fleischfressenden, schlingenden, dorningen Pflanzenresten, keimt auch immer eine zart blühende Pionierpflanze auf, ein Aufkeimen für das Unverhoffte, dem immanent innewohnt, dass man um die Fehlbarkeit und Komplexität weiß, die mit Prozessen von Neuanfängen und Wandlungen einhergehen. Aus der Verzweiflung geboren, gelangt die Hoffnung mit Langmut und Fantasie zu einer Gewissheit, dass irgendwo in alledem ein Sinn liegen kann. Darin liegt ein Erfindergeist begründet, der aus einem Wirklichkeitssinn einen Möglichkeitssinn entwickelt und damit neue Perspektiven erdenkt.
Statements in Blue+Yellow & White+Red featuring Marcus Centmayer, oder der Sprachlosigkeit in der Kunst eine Bilderflut entgegensetzen
Text von Nora Wessel, Auszug:
Der Koblenzer Kunstverein mehrkunst plante ursprünglich für den Sommer 2022 eine Kunstaktion im Rahmen des Kultursommers Rheinland-Pfalz, der unter dem Motto “Kompass Europa: Ostwind” stand und einen Blick nach Osten, über
die Grenzen der Europäischen Union hinaus, werfen sollte. Die Inspiration, den Blick Richtung Ostwind zu wenden, kam durch die zahlreichen friedlichen Proteste in Belarus im Jahr 2021.
Aus der Idee einen Aufruf zu starten und aus ganz vielen Beiträgen ein Gesamtkunstwerk in den Farben Rot und Weiß, als Symbol für ein freies Belarus, zu erschaffen, wurde mit dem Überfall auf die Ukraine nun ein gemeinsam geschaffenes Gesamtkunstwerk im Zeichen für Freiheit und Selbstbestimmung, in Gelb+Blau und Rot+Weiß. Die Präsentation des Projektes wurde als Pop-Up-Ausstellung in der Koblenzer Innenstadt gezeigt.
(…) Dem Gefühl von Hilflosigkeit und Ohnmacht wurde ein gemeinsames Handeln entgegen gestellt, ein lebens- und kunstumfassender Prozess, im Zuge dessen Gesellschaft verhandelt wird und mitgestaltet werden kann, der uns ars ad vivere lehrt. Nach Beendigung der Ausstellung ist das Gesamtwerk einem Exilverein zur Verfügung gestellt worden, zum Verkauf oder für eine Versteigerung. Der Verein mehrkunst und die Galerie SEHR als Projekt des Vereins haben mit der Solidaritätsaktion Statements in Blue+Yellow & White+Red für die Ukraine und die belarussische Freiheitsbewegung insgesamt 3.600 € einnehmen können, wobei jeweils die Hälfte an die belarussisch-deutsche Organisation Razam, die politische Gefangene und ihre Familie unterstützt, sowie an Ärzte ohne Grenzen/Ukraine ging.
Der Maler und Bildhauer Marcus Centmayer nahm ebenfalls am Ausstellungsprojekt Statements teil und zeigte dort geometrische Farbfelder, mit denen er vor allem in den letzten zwei Jahren in der Zeit des Lockdowns zu experimentieren begann. Die experimentellen Entwurfstechniken für seine Steinskulpturen waren hierfür die Inspirationsquelle, die in einem weiteren Abstraktionsschritt zu den Farbfeldern führten. Diese sind im Besonderen geprägt von einem stilistischen Chaos, stärker als die materialbedingt strengeren und einfacheren Steinskulpturen, und formulieren eine formale und inhaltliche Kontroverse.
(…) Ein weiterer Teil der Kunstproduktion während Pandemie und Krieg umfasst aufwändige Steinskulpturen, die in der Industrie vorgesägt und im Atelier weiterentwickelt werden. Um die vorzusägenden Konturen zu gewinnen, werden im Entwurfsprozess die kubischen Werksteinblöcke mit Maskierband beklebt, wobei die Aussenflächen verbunden, die offenen Bereiche bemalt und anschließend demaskiert werden. Der industrielle Sägevorgang erfolgt mit wassergekühlten Diamant-Kreissägen und erfordert daher eine markante, wasserstrahlbeständige und auffällige Kennzeichnung der auszuführenden Sägeschnitte. Danach folgt die experimentelle Entwicklung der Formen, die sich oft von Innenräumen heraus konzipieren.
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Autorin: Nora Wessel
Bildnachweis © KUNST. WORT.: Heft für zeitgenössische Kunst und Texte
Entdecken Sie mehr Kunst von Alessandro Chiodo auf seinem Blog
https://alessandrochiodo.net/
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mehrkunstverein.de
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